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Perspektiven der Biotechnologie

Die Zukunft kann niemand voraussagen. Doch auf der Grundlage aktueller Trends in der Biotechnologie lassen sich realistische Prognosen darüber erstellen, in welcher Weise die Querschnittstechnologie unser Leben in circa 15 Jahren beeinflussen und zeitgleich sich zu einem entscheidenden Faktor zur Verwirklichung der Ziele einer funktionierenden Gesundheitsforschung und Bioökonomie entwickeln wird.

Auf neuen Wegen in die Zukunft / Foto: Martin Schemm / pixelio.de

Demnach werden es die rasanten Fortschritte in der Informationstechnologie ermöglichen, ein immer vollständigeres Modell der vielfältigen Wechselwirkungen innerhalb einer Zelle zu entwickeln. Fernziel ist dabei deren komplette Darstellung und Simulation im Computer. Damit wäre der Grundstein gelegt, um gezielt auch in komplexe Stoffwechselwege einzugreifen, sodass einzelne Zellen beispielsweise gänzlich neue, wertvolle Produkte bilden. Für die Diagnostik eröffnen diese Entwicklungen ebenfalls viel versprechende Wege: Zellen könnten derart punktuell modifiziert werden, dass sie als Nachweisinstrument eingesetzt werden und Reaktionen auf verschiedene Stoffe – etwa Umweltgifte – zeigen können.

Im Bereich der medizinischen Diagnostik wird die Möglichkeit bestehen, bei immer mehr genetisch bedingten Erkrankungen, zum Beispiel Erbleiden oder Krebs, die genauen Ursachen zu kennen und medizinisch nachzuweisen. Bessere Vorsorgemaßnahmen können so das Risiko einer Erkrankung verringern, Therapien gezielter am Entstehungsort der Krankheit ansetzen. Die Therapien der Zukunft werden es zudem gestatten, komplexe Gewebe oder vielleicht sogar ganze Organe in der Kulturschale nachzuzüchten. Heute schon können einfachere Gewebe wie Knorpel mit der Gewebezüchtung (Tissue Engineering) aus einzelnen Zellen erzeugt werden. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die regenerative Medizin, indem das Wachstum beziehungsweise die Neubildung von Geweben direkt im Körper angeregt wird. Je genauer man die Genregulation in der Gewebe- und Organentwicklung versteht, umso besser kann dieses Wissen in regenerative Therapien umgesetzt werden.

Das Gesicht der Landwirtschaft wird sich ebenfalls grundlegend wandeln. Dem Landwirt der Zukunft werden neben der Nahrungsmittelproduktion neue Betätigungsfelder offen stehen. Im Rahmen der Bioökonomie und nachhaltiger Landwirtschaft wird er zusätzlich eine zentrale Stelle als Biomasse-Lieferant für Bioraffinieren haben, welche beispielsweise zur Herstellung von wertvollen Grund- und Kraftstoffen dienen wird, indem Agrar-Abfälle (zum Beispiel Stroh) besser genutzt werden. Um Fläche zu sparen, könnten Pflanzen künftig in Agrotürmen wachsen. Diese Veränderungen werden neue landwirtschaftliche Produktionsmöglichkeiten schaffen und die Umwelt durch die Nutzung nachwachsender Rohstoffquellen entlasten.

Gleichzeitig wird sich der Trend zur „Funktionalisierung“ von Lebensmitteln, also ihrer Anreicherung mit gesundheitsförderlichen Substanzen, weiter verstärken. Bereits heute ist ein Brot im Handel, welches mehr Omega-3-Fettsäuren enthält, um im Körper den Spiegel schädlicher Blutfette zu senken. In Zukunft könnten wir beim Verzehr eines Joghurts auch Antikörper gegen das Bakterium Helicobacter pylori aufnehmen, um der Entstehung von Magengeschwüren vorzubeugen.