Auf dem Weg zu den maßgeschneiderten Therapien der Zukunft
Unter Individualisierter Medizin versteht man Therapien, die anhand der Analyse von körpereigenem Biomaterial, zum Beispiel DNA oder Gewebeproben, dem Patienten angepasst werden. Diese Form der Therapie bietet damit eine bedeutende Option, ein höchstmögliches Maß an therapeutischer Wirksamkeit zu erlangen. Sie beruht auf den großen Fortschritten der biomedizinischen Forschung und der Bioinformatik wie Hochdurchsatzsequenzierung (next generation sequencing), der Entwicklung der DNA-Chip-Analyse und beispielsweise der Verwendung körpereigener Stammzellen für die Regenerative Medizin.
Zur Förderung neuer Therapieformen rief das BMBF im Jahr 2013 den „Aktionsplan: Individualisierte Medizin: Ein neuer Weg in Forschung und Gesundheitsförderung“ ins Leben. Ziel dieser Förderung ist es, eine bessere Verknüpfung von präziser Diagnostik und wirksamer Therapie zu erreichen. Dabei sollen auch im Umgang mit genetischen oder anderen Patienten-spezifischen Informationen gesellschaftspolitische und rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die auch das Recht auf Nicht-Wissen beinhalten. So wertvoll die genetische Information für bestimmte therapeutische Maßnahmen sein kann, so gut muss auch die Aufklärung des Patienten erfolgen und Datenschutz sichergestellt werden.
Diagnostik und Therapie gehen Hand in Hand
Vor allem bei der Bekämpfung von Krebserkrankungen gibt es mittlerweile in der klinischen Praxis gute Beispiele, die theoretische Wirksamkeit von Arzneimitteln mit diagnostischen Begleittests zu kombinieren. So können Krebszell-spezifische Antikörper, die veränderte Proteine auf Krebszellen gezielt angreifen, eingesetzt werden, wenn vorher das Vorhandensein der zugrundeliegenden Mutation nachgewiesen wurde. Für den Nachweis, welche Gene in bestimmten Zellen vorliegen bzw. aktiv sind stehen mittlerweile sogenannte DNA-Chips zur Verfügung.
Ein DNA-Chip ist so aufgebaut, dass auf einer gerasterten Oberfläche tausende kleiner Abschnitte des Erbmoleküls DNA fixiert werden. Die Chips werden so konstruiert, dass alle (bekannten) Nachweis-relevanten Gene darauf enthalten sind, zum Beispiel Gene, die beim Zellwachstum eine Rolle spielen. Jedes Genfragment dient dabei als Fänger für mRNA-Moleküle, die aus den Zellen (zum Beispiel Tumorzellen) des Patienten isoliert wurden. Ist ein Gen aktiv, werden davon mRNA-Moleküle als eine Art Blaupause gebildet. Die mRNA-Moleküle tragen die Information aus dem Zellkern zu den Ribosomen im Zellplasma, an denen die Informationen in Eiweißmoleküle übersetzt werden. Isoliert man diese mRNA-Moleküle jedoch aus den Zellen und bringt sie auf den DNA-Chip, binden sie an DNA-Fragmente auf dem Chip. Mithilfe einer Lichtreaktion als Bindungsnachweis kann daran abgelesen werden, welche Gene innerhalb der Zelle aktiv sind. So lässt sich aus Tumorzellen, die aus dem Gewebe eines Patienten isoliert wurden, ein spezieller „Fingerabdruck des Tumors“ erstellen. Diese Informationen können im Vergleich mit gesunden Zellen Aufschluss darüber geben, welche Veränderungen in Tumorzellen vorliegen. So lassen sich Therapiemöglichkeiten erschließen und beispielsweise in einigen Fällen die Gefahr der Metastasenbildung abschätzen.
Auch im Zusammenhang mit dem Stoffwechsel von Medikamenten wurden DNA-Chips entwickelt, die Aufschluss darüber geben, ob ein Patient ein Medikament abbauen kann. Oder sie erlauben Aussagen über die Aktivität von Enzymen, die am Stoffwechsel von Medikamenten beteiligt sind. Wissenschaftler arbeiten derzeit auch an Software-Programmen, die Enzymaktivitäten bei der kombinierten Verabreichung von Medikamenten auswerten und daraus gezielte Dosisempfehlungen ableiten.
Neben diagnostischen Methoden bietet die Individualisierte Medizin auch eine Reihe von Anwendungsmöglichkeiten innerhalb der Regenerativen Medizin. Mithilfe von körpereigenen Stammzellen zum Beispiel aus der Haut, der Leber oder der Bauchspeicheldrüse können im Labor Zellen oder Gewebe gezüchtet werden, die dem Patienten anschließend transplantiert werden und so die Regeneration und Neubildung von körpereigenem Gewebe ermöglichen.







