Biotech am Bodensee
Bei den Eröffnungsveranstaltungen an beiden Bodensee-Standorten betonten Prof. Dr. Jörg Bergemann bzw. Prof. Dr. Klaus P. Schäfer von BioLAGO, wie wichtig es für einen starken Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Bodensee sei, den Nachwuchs für die Life Sciences zu begeistern. Auch die Überlinger Oberbürgermeisterin Sabine Becker sieht es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben, die junge Generation mit vielen attraktiven Arbeitsplätzen in Überlingen zu halten oder nach Ausbildung und Studium zurückzulocken. In ihrer eigenen Familie scheint es auf jeden Fall gut zu funktionieren, das Interesse an der Biotechnologie zu wecken: Ihre Tochter hatte am Morgen die mobile Erlebniswelt gesehen und prompt darauf gedrängt, auch ins BIOTechnikum zu dürfen.
Die Radolfzeller Bürgermeisterin Monika Laule sah die Dinge ähnlich: Sie unterstrich die enorme Bedeutung der Biotechnologie und der Lebenswissenschaften für Radolfzell, wies auf den großen Fachkräftebedarf in diesen Bereichen hin und stellte die Fachkräfteallianz der Region vor. Es sei besonders relevant, dass Schülerinnen und Schüler gerne in der Region bleiben und gute Arbeits- und Lebensbedingungen vorfinden, so Laule. Grundlagen für eine Karriere in den Naturwissenschaften würden schon durch die biotechnologischen Gymnasien vor Ort geschaffen. Deren Einfluss zeigte sich auch während der Praktika der Initiative „BIOTechnikum“: In Überlingen und Radolfzell interessierten sich die Schülerinnen und Schüler der biotechnologischen Gymnasien besonders stark für MINT-Berufe und bewiesen ein hohes Lern- und Unterrichtsniveau. Die ausgesprochen gute Vorbildung der Jugendlichen machte sich in den durchzuführenden Experimenten bezahlt.
An beiden Standorten wurden außerdem ganz unterschiedliche, aber hochinteressante Karrierewege vorgestellt: Carsten Schafflhuber von SCHAFFLHUBER Dental Systemhaus beispielsweise informierte unter dem Motto „IT trifft Gesundheit“ über den Beruf des Medizin-Informatikers, der eine große Zukunftsperspektive habe. Das noch in den Kinderschuhen steckende digitale Röntgen oder die Ausstattung von Zahnarztpraxen mit modernen Patientenstühlen, ausgerüstet mit integrierten Kopfhörern, Displays und vielem mehr, seien nur zwei Beispiele für dieses spannende Arbeitsfeld. Für die Ausbildung zum Medizinisch-technischen Assistenten sprach sich Dr. Diethard Müller von der Firma MVZ Labor Dr. Gärtner & Kollegen aus. Laut ihm würden mehr als 70 % aller Krankheitsdiagnosen erst durch Laborarbeit möglich. Immer mehr Jugendliche zögen aber einen Bachelor-Studiengang einer Ausbildung vor, wodurch es einen enormen Mangel an Medizinisch-technischen Assistenten gäbe. Nur diese seien aber befugt, in Kliniken die Labortests durchzuführen. In Radolfzell wiederum schlug Jasmin Jehle von der Firma Aptar Pharma „die Brücke zwischen Arzneimittel und Körper“. Sie informierte über die verschiedenen wissenschaftlich-technischen Ausbildungsfelder in der Pharmabranche, der Forschung und Entwicklung sowie im Vertrieb. Im Obergeschoss der mobilen Erlebniswelt BIOTechnikum fanden hierzu am Donnerstag und Freitag zusätzlich Info-Veranstaltungen statt, die den starken Anwendungsbezug eines derartigen Jobs verdeutlichten. Den Weg einer naturwissenschaftlichen Karriere in der Grundlagenforschung – sei es an einem Forschungsinstitut oder einer Universität – stellte Dr. Daniel Piechowski, Biologe und Forschungskoordinator am Max-Planck-Institut für Ornithologie, allen „Wissensdurstigen“ vor. Unabdingbare Voraussetzung hierfür: Leidenschaft und große Neugier!
Nach den vielen Informationen zu spannenden Berufschancen konnten die Schülerinnen und Schüler dann ganz praktisch selbst herausfinden, ob die Biotechnologie sie fesseln kann. Die Jungforscher der Justus-von-Liebig-Schule Überlingen sowie der Gerhard-Thielcke-Realschule Radolfzell isolierten im rollenden Labor beispielsweise das Erbmaterial DNA, erstellten einen genetischen Fingerabdruck mittels Polymerase-Kettenreaktion und lösten unter dem Motto „CSI BIOTechnikum“ einen fiktiven Kriminalfall. Nachwuchswissenschaftler der Realschule Überlingen hingegen lüfteten mithilfe von Milch und Enzymen das Geheimnis des Käsemachens. Und auch die Schülerinnen und Schüler des Biotechnologischen Gymnasiums der Mettnau-Schule durften im Biotech-Truck einmal praktisch forschen: Als „Protein-Profis“ bestimmten sie mit dem sogenannten ELISA-Verfahren die Virenlast fiktiver Patienten. Laut Lehrer Dr. Knauber geht rund ein Drittel der Absolventen später tatsächlich in den Bereich der Biotechnologie. Ein Grundstein für diese zukünftigen Karrierewege konnte sicher auch im BIOTechnikum gelegt werden.